Erstmalig zeigt die Galerie am Gendarmenmarkt Werke eines
Künstlers aus China.
Yonggang Liu wurde in der inneren Mongolei, heute ein Teil
Chinas, geboren und studierte an der Zentralen Chinesischen
Kunstakademie in Beijing. Seine Bilder aus dieser Zeit kommen
von einer realistischen volkstümlichen Malerei, die thematisch
mit dem Leben in seiner Heimat, der inneren Mongolei, verbunden
ist. Inspiration schöpfte Yonggang Liu aus seinen Wurzeln, dem
einfachen und ursprünglichen Leben in den Weiten der
innermongolischen Steppe sowie aus den alten Sitten und
Gebräuchen seiner Heimat rund um den Fluss Argun. Er wurde
Kunstdozent, erhielt verschiedene Auszeichnungen und Preise und
hatte Ausstellungen in verschiedenen Museen und Galerien Chinas.
Er zählte schon zu den bekannten Künstlern in China.
Ausstellungen hatte er mit diesen Bildern auch in Japan,
Frankreich, Deutschland und Italien. 1992 unterbricht er diese
Entwicklung, geht nach Deutschland und studiert erneut an der
Akademie der Bildenden Künste Nürnberg, wird Meisterschüler bei
Professor Christine Colditz. Im Ergebnis seines nun schon
15jährigen Aufenthaltes in Deutschland hat er sich von der
traditionellen realistischen Malerei gelöst und zu einer
Ausdrucksweise gefunden, die ausgehend von antiken chinesischen
Schriftzeichen neue gestische Bewegungen und Symbole im Raum
sowie in der Fläche schafft. Aus semiotischen Formen, die als
Schriftzeichen ihre Bedeutung haben, entwickelt er in einer
expressiv abstrakten Bildsprache Sinnbilder für das ewige
Miteinander und Gegeneinander von Weiblichkeit und Männlichkeit,
von Himmel und Erde, von Drachen und Vogel, oder von Yin und
Yang, dem Generaldualismus der chinesischen Philosophie. War die
mongolische Heimat früher der Ursprung für seine künstlerische
Inspiration, sind es heute die traditionellen Schriftzeichen
seiner Sprache. Sie sind die kulturellen Wurzeln, aus denen sein
Schaffen schöpft. Eigentlich haben die linear-strukturierten
Zeichen der Kalligraphie eine Bedeutung. Yonggang Lius Zeichen
aber sind Mischformen aus traditionellen Zeichen und gestischen
Linien, in denen zuweilen Symbole wie Drache und Vogel, wie Yin
und Yang eben, auftauchen. Ausdruck eines tiefen Gefühls sind
seine plastischen und linearen Formen, die aus der reinen
intuitiven Anschauung entstehen, abstrakt in Form und Farbe,
konkret in der Bedeutung durch die Anlehnung an das
ursprüngliche Schriftzeichen, konkret aber auch in der
vermittelten Emotion, denn die von Yonggang geschaffenen Zeichen
in der Skulptur und in der Malerei sind tatsächlich sich
umarmende Paare, kantig und markant die eine, weich und fließend
die andere Form.
Innerhalb der chinesischen Kunst hat Yonggang Liu mit seiner
Bildsprache eine große Eigenständigkeit errungen, die sich
sowohl von den traditionellen, bis heute ausgeführten
Tuschezeichnungen als auch von der agitativen figürlichen
Malerei der chinesischen Gegenwartskunst abhebt. Von 1999 bis
2006 arbeitete er an der Serie Ai Yong, die aus 102 Skulpturen
aus schwarzem Marmor besteht. Die Skulpturen sind 340 cm hoch.
Ein Modell dieses Figurenensembles wird in der Ausstellung zu
sehen sein. 100 dieser Skulpturen sind für Erdos, die
zweitgrößte Stadt in der inneren Mongolei bestimmt, eine hat er
seiner Heimatstadt geschenkt und eine weitere ist im Nationalen
Kunstmuseum von China in Beijing verblieben, wo er in diesem
Jahr eine umfassende Personal-
ausstellung hatte.
»Yonggang Liu verbindet die Bildsprache der Malerei, der
Bilhauerei und der Kalligraphie mit großer Leidenschaft, dabei
führt er die unterschiedlichen Kunstideen des Westens und des
Ostens zusammen. Er hat das philosophische Gedankengut der
deutschen Nation mit der traditionellen chinesischen Poesie
verknüpft. Dadurch hat er auch die konkrete und die abstrakte
Kunst verbunden. Er hat so einen neuen eigenen Kunstgedanken
entwickelt. Er hat die Kluft zwischen der klassischen, modernen
und spätmodernen Kunst überwunden.« (Professor Wen Lipeng von
der Zentralen Chinesischen Kunstakademie in Beijing)
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