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                Sabine Heller lebt und arbeitet in Sieversdorf, einem kleinen 
                Ort Brandenburgs im Oderbruch. 
                1981 kommt Sabine Heller mit dem Diplom aus der Keramikklasse 
                der Kunsthochschule Berlin-Weißenssee. 
                Bald erregt sie Aufmerksamkeit mit einer archaisierenden Malerei 
                auf aus Ton aufgebauten Gefäßen, kraftvoll, vital, zeichenhaft. 
                Das Herstellen von Geschirr, von Vasen, Dosen oder Pflanzschalen 
                ist ihr Ding nicht. Sie malt im Ton Figuren, Menschen einzeln 
                und in szenischen Zusammenhängen. 
                 
                Mit der Zuwendung vom Gefäß zur Plastik verlegt sie die Malerei 
                vom Ton aufs Papier. Sie zeichnet mit Kreide, Kohle, Pastell und 
                Bleistift. Es sind Zeichnungen nach Modell, Entwürfe für Figuren 
                und freie Arbeiten, so jedenfalls gliedert sie diese auf ihrer 
                Website. Doch eigentlich sind es alles Bilder, Bilder weil jedes 
                Blatt intensiver Ausdruck ihrer inneren Welt ist, ob die 
                Schwangere, die Ballspieler oder die Szenerie des elegischen 
                Tages. Fast immer sind es Frauengestalten mit einer ganz eigenen 
                Erotik, die das Frausein anders begreift, wahrscheinlich auf 
                weibliche Weise. Die Szenerien weisen in eine andere Realität, 
                in eine unwirkliche, eher phantastische. So beschreibt sie auf 
                ihre Weise das Sein. 
                Die Formen sind archaisch geblieben, entrückt und verinnerlicht. 
                Sabine Heller ist eine Malerin geworden. 
                 
                Auf der »Configura – Kunst in Europa« 1991 in Erfurt macht Sie 
                durch die monumentale Figurengruppe mit dem 
                geheimnisvoll-mystischen Titel »Die Schildkröte kommt immer 
                wieder zum Strand« auf sich aufmerksam. Ungebrannte Ziegel hat 
                sie verformt, geschnitten, zusammengesetzt, zum Brennen die 
                großen Figuren zerteilt und nach dem Brennprozess wieder 
                miteinander verbunden. 
                 
                Die Ziegelsteine verführen zur Blockhaftigkeit, angeschnitten 
                aber offenbaren sie ihre Durchlöcherung, durchbrechen die 
                Strenge, das Innere wird außen sichtbar und gibt den Figuren 
                eine formale Ordnung. 
                Die vorhandene Struktur wird verdichtet oder vernachlässigt, 
                betont oder unterdrückt, darin liegt der gestalterische Freiraum 
                der von ihr entdeckten Bildsprache, der sich jedoch als größer 
                erweist, als man zunächst denkt.  
                Die Figurengruppe »Die Schildkröte kommt immer wieder zum 
                Strand« steht heute im Grassimuseum zu Leipzig.  
                In ihrer frontalen Hoheitsform erinnert sie an Kultbilder 
                früherer Epochen, vielleicht der Formensprache der 
                Ziegelskulptur geschuldet, aber doch wohl eher als plastische 
                Umsetzung ihrer archaischen Malerei.  
                Die Skulpturen der 90er Jahre sind statuarisch, die vier Seiten 
                betonend, oft auf die frontale Ansicht konzentriert. Thematisch 
                kreisen sie um das ursprünglich Existentielle der Menschheit, um 
                die Geburt und um die Mutterschaft. Frauen formt sie, Frauen mit 
                Kind, Kinder im Bauch, Kinder vor dem Bauch und Kinder auf dem 
                Rücken der Frau. 
                 
                Inzwischen ist die Blockhaftigkeit einer eher barocken 
                Bewegtheit gewichen, die sie mit üppigen Gewändern und deren 
                Falten schafft. Aus einer schweren Befindlichkeit sind die 
                Figuren aufgebrochen in eine neue Offenheit und Freiheit. 
                Erregtheit steht nun im Widerspruch zur Erstarrung des 
                gebrannten Ziegels, die äußere Haut aber bleibt hart, das Innere 
                verwundbar. 
                Und die Figuren werden individueller, in der Mimik und der 
                Gestik. 
                Doch die Strukturen der geschnittenen Ziegel verleihen ihnen 
                noch immer eine gewisse Strenge, ähnlich der von gotischen 
                Madonnen. So bleibt die Heiterkeit eine Sehnsucht nur, die 
                Schwermut aber verliert ihren Anlass. 
                Über dem Werk von Sabine Heller schwebt eine heitere 
                Melancholie. Sie ist ihr Einstieg zur Kreativität, sowohl in den 
                Skulpturen als auch in den Bildern. 
                 
                Will man die Gewichtung des malerischen Werkes gegen die des 
                bildhauerischen abwägen, will man die Frage aufwerfen, ob Sabine 
                Heller in erster Linie Malerin oder Bildhauerin ist, bleibt 
                eigentlich nur die Antwort: sie ist Künstlerin. 
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