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19. Oktober bis 2. Dezember 2007 |
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Am 19. März dieses Jahres jährte sich der
Geburts-
tag von Hans Wimmer zum 100. Mal.
Aus diesem Anlass zeigt die Galerie
am Gendarmen-
markt die Ausstellung
»Bronzeskulpturen und Zeichnungen«
von Hans Wimmer (1907 bis 1992)
Vernissage
Donnerstag, 18. Oktober, 19 Uhr
Über Ihren Vater spricht Christiane Wimmer
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re: Christiane Wimmer |
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Christiane Wimmer zur Eröffnung der Ausstellung am 18. Oktober 2007
Sie alle können hier herumgehen, Hans Wimmers Arbeiten
anschauen, sich bezaubern lassen von der Schönheit der
weiblichen Figuren, der Anmut und Würde der Tierplastiken, dem
jeweils einzigartigen Charakter der Portraitbüsten, dem sicheren
Strich der Zeichnungen. Sie können auch in zahlreichen
Dokumentationen und Bildbänden über sein Leben, seine Ehrungen
und von Kritik und Würdigung seiner Arbeiten lesen.
Selbstverständlich erkennen Sie beim Betrachten seiner Werke
sehr viel, ganz ohne mein Zutun. Sie erkennen ihn als Künstler.
Ich stehe nun allerdings vor der schwierigen Aufgabe, Ihnen als
Tochter von der Person, dem Menschen, meinem Vater zu erzählen.
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Christiane Wimmer während der Laudatio
links im Bild: Portraitbüste Gabriele Wimmer, um 1937/38
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Publikum während der
Laudatio
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Mein Vater war ein ernsthafter Mensch mit einem immens hohen
Anspruch an sich selbst – und an andere. Er wollte seinem
jeweiligen Sujet auf den Grund gehen, behutsam, aber hartnäckig.
Dieser Anspruch, den er nicht nur in seiner Arbeit, sondern auch
in seinem Denken, in Gesprächen, sogar beim Reiten an sich
stellte, war das, was ihn am Leben interessierte, was ihm das
Leben schwer machte und auch, was ihm das Leben erhellte und
schön machte. Ich kann mir leicht vorstellen, dass er damit
seinen Schülern ein guter, aber schwieriger Lehrer war, einer,
der nicht nachließ, der sie immer weiter antrieb,
Er war ein religiöser Mensch, von einer kindlichen, bäuerlich
geprägten Gläubigkeit. Die Schöpfung in all ihrer Pracht lag ihm
am Herzen. Ich bin froh, dass ihm die neuesten Erkenntnisse über
Klimakatastrophe und ?global warming? erspart blieben. Sie lag
ihm am Herzen, im Kopf und auch in den Händen, Sein Thema als
Bildhauer war die Schönheit und die Weisheit, die hinter ihr
steht.
Deshalb bewunderte er die Tiere, vor allem die Pferde, mit denen
er in seiner niederbayerischen Heimat aufgewachsen war. Am
Anfang des letzten Jahrhunderts gab es im Rotttal auf 100
Einwohner 22 Pferde! Die Kindheit zwischen Sauhüten und
Pferderennen, Rattenfangen im Fluss und Kutschenfahren muss, bei
aller Armut seiner Eltern, wunderschön gewesen sein: jedenfalls
hat sie ihm für sein ganzes Leben eine zuverlässige Bindung und
Grundlage gegeben. Die frühe Bedeutung, die Pferde für ihn
hatten (der Tierarzt und der Hufschmied waren bei weitem die
wichtigsten Leute in der kleinen Stadt), blieb ihm lebenslang
erhalten, immer besaß er ein Pferd und ritt über Jahrzehnte
täglich. Weil er mich als kleines Mädchen im Reiten
unterrichtete, weiß ich, wie sehr der Anspruch an Genauigkeit,
Unnachgiebigkeit und Behutsamkeit, von dem ich vorhin gesprochen
habe, selbst diesen Lebensbereich bestimmte.
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Eröffnungspublikum
rechts im Bild: Portraitbüste Gabriele Wimmer, um 1937/38
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rechts vorn: La Belle Africaine - ABA, 3. Fassung, 1966
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Er war unglaublich bedürfnislos im Äußeren: feine Kleider,
luxuriöses Essen, Fahren statt zu Fuß Gehen – das war ihm nicht
wichtig. Aber wichtig war ihm, dass er Freiraum hatte für seine
Arbeit, die zwar in seinem Atelier stattfand, aber auch beim
Wandern, Reiten, Reden, Nachdenken Nahrung fand. Bedürfnislos
war er auch beim Geld: Er brauchte nur das, was gerade nötig war
für Miete und Essen. Damit hatte er einen schweren Stand bei
meiner schönen und gar nicht bedürfnislosen Mutter. Wenn er aber
Geld hatte, konnte er es leichthändig und fröhlich ausgeben,
auch für so unnütze Sachen wie zum Beispiel eine Droschkenfahrt
in Wien oder Rom.
Das humanistische Gymnasium, das er an einer Klosterschule in
Landshut besuchte, war ihm lebenslang ein Quell der Erfrischung;
noch mit achtzig Jahren konnte er Homer auf Altgriechisch
zitieren. In der Schulzeit war ihm die Musik – er komponierte,
spielte Cello, dirigierte das Schulorchester, sang im Chor – so
wichtig, dass er dachte, sie würde sein Leben sein. Erst nach
dem Abitur entschloss er sich endgültig für die Bildhauerei. Für
sie hat er dann auch jedes das Bildhauern begleitende Handwerk
erlernt, bei Steinmetzen und Bronzegießern. Jede Figur, jede
Plastik, die Sie hier oder anderswo sehen, hat er eigenhändig
ziseliert, dies nicht, wie fast alle seine Kollegen, den Gießern
überlassen. Vor seinem Tod hat er alle Formen zerstört, damit
nicht endlos Abgüsse gemacht werden könnten, die seinem Anspruch
an Gusshaut und Nahte nicht standgehalten hätten.
Und – es wird jetzt wirklich Zeit für eine andere Seite – er war
einer der lustigsten, lebensfrohsten, lachfreudigsten Menschen,
die ich je getroffen habe. Er konnte in vollen Zügen genießen
und sieh freuen. Zuletzt, aber nicht zum Geringsten: Er war ein
wunderbarer Vater.
mit freundlicher Genehmigung von Frau Christiane Wimmer,
© bei der Autorin |
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