Joachim Dunkel, 1925 - Berlin - 2002, studierte nach Kriegsdienst und
Gefangenschaft an der Hochschule für Angewandte Kunst in Berlin-Weißensee,
danach an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin-Charlottenburg, wo er
Meisterschüler Bernhard Heiligers wurde. Seine Begabung erkannte man rasch,
Stipendien, u.a. von seiten der Studienstiftung des Deutschen Volkes, und
Preise, so der Rompreis Villa Massimo, der Georg Kolbe-Preis, der Kunstpreis für
Großplastik des NOK, bedeuteten Lebenshilfe und Ermutigung. Der Platz des
Künstlers war und blieb in der Folge Berlin, wo dann 1974 die Berufung in eine
Professur an der Charlottenburger Hochschule erfolgte. Joachim Dunkel lehrte
»Zeichnen und Modellieren nach der Natur« an den Akademien von Berlin und
Breslau/Wroclaw. Die Münchener Secession und die Neue Darmstädter Sezession
wählten ihn zum Mitglied. In Berlin ist Joachim Dunkel sowohl im Stadtraum als
auch in öffentlichen Sammlungen präsent. Das weite Spektrum seiner Arbeiten für
den Freiraum umfasst hier u.a. vier Attika-Figuren auf dem Schloss
Charlottenburg, eine »Spiellandschaft mit Fabeltieren« an der Lankwitzer
Kindertagesstätte Frobenstraße, »Europa und der Stier« am Gewerbezentrum Pankow
(Französisch-Buchholz), »Sonne, Mond und Sterne. Sechs Gestirne« für die
Siedlung Heilmannring in Charlottenburg Nord (Hans Scharoun).
Joachim Dunkel war zeitlebens ein gefragter Porträtist. Sein frühes
Selbstbildnis (1951) besitzt die Nationalgalerie. Unter den weithin bekannten
Köpfen sind Gustav Heinemann, Bundespräsident von 1969 - 74, die Bischöfe
Hermann Kunst (BRD) und Albrecht Schönherr (DDR), die Intendanten Boleslav
Barlog und Carl Ebert. Posthum modellierte er beispielsweise den Dichter Max
Herrmann-Neiße, Naturwissenschaftler wie Siemens oder Helmholtz, den aus seinen
Ämtern vertriebenen Juristen und Bürgermeister von Kreuzberg Dr. Carl Herz.
Dunkel blieb der Figur zeitlebens treu, dem menschlichen Körper wie dem Leib des
Tieres, die er beide in einem eigenen Werkkomplex so überzeugend zu verbinden
verstand, dass er zum Schöpfer gänzlich neuer, lebensvoller Mischwesen wurde.
Das Bildnis und die Figur - ernst genommen - fordern zwingend die geduldige und
scharfe Beobachtung, setzen darüber hinaus auf seiten des Künstlers als Wurzel
ein intensives Interesse am Physiognomischen und am Körpersprachlichen voraus.
Wie sehr dies Dunkel gegeben war, offenbaren eindringlich auch seine Arbeiten
auf Papier, in denen er uns ein zweites Lebenswerk neben der Plastik hinterließ.
Er zeichnete gleichsam räumlich, von innen nach außen gewachsen. Selten hat die
Linie einen melodischen Eigenwert. Die Striche ballen sich gewöhnlich in Massen
zusammen, wollen den Körper nicht umgrenzen, geben mitunter in ein und derselben
Figur mehrere Bewegungsphasen gleichzeitig an. Die Auflösung der Zeit und die
Affinität zum freien Raum, beides gleichermaßen ist auch den vollplastischen
Skulpturen der Reifezeit anzumerken: ihre Kontur ist stellenweise aufgesprengt,
die Oberfläche gefurcht, gelegentlich farbig gefasst, die Massen sind
verdichtet, zum Raum hin jedoch geöffnet. Die potentiell feindliche Umgebung
gehört auf diese Weise mit zur Figur. Ihre Bewegung ist Bewegung im Raum und
nicht selten Kampf in ihm, auch wenn die Körper scheinbar in Ruheposition
verharren.
Die Holzschnitte indessen zeugen deutlich von der Motorik des Arbeitsprozesses.
Unabhängig vom gewählten Medium ist solche Energie aber in all seinen Werken zu
erkennen. Mit auftrumpfendem Subjektivismus, mit atemlosem Zugriff hat Joachim
Dunkel hingegen nichts gemein. Dieser Bildhauer macht sich die Plastik nicht
untertan, ganz im Gegenteil: er bringt die Plastik souverän zu sich selbst. Im
Prozess ihres Entstehens, der sich über Jahre hinziehen konnte, wuchsen Figuren
eigener Deutung in je eigener Formlogik:
»Die Figur ist ein Brennglas, kein Spiegel«. |