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7. Dezember 2007 bis 20. Januar 2008 |
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Albert Hennig (1907 –
1998)
Malerei · Grafik
· Fotografie
Zum 100. Geburtstag eines der letzten Bauhausschüler
in Dessau und Berlin
Vernissage:
Donnerstag, den 6. Dezember, 19.00 Uhr
es spricht Peter Hochel
Leiter der Galerie im Malzhaus, Plauen
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Rubriken:
Intro
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l Holzschnitt/Litho
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Vernissage
Medienecho |
rechts: Peter Hochel während der Ansprache
(größere Bilder: auf die Abbildungen
klicken) |
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Peter Hochel zur Eröffnung der Ausstellung am 6. Dezember 2007
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
morgen, auf den Tag genau, wäre Albert Hennig 100 Jahre alt
geworden. Das ist doch ein Anlass zum Feiern, wie bei jedem
Menschen, aber das Jubiläum eines Künstlers feiert man am besten
mit einer Ausstellung seiner Werke, die den Künstler dem
Publikum näher bringt.
Das will auch ich jetzt gerne versuchen.
Wahrscheinlich ist Albert Hennig den Berliner Kunstfreunden
nicht so gegenwärtig. Heute haben sie nun die Möglichkeit, ihn
etwas näher kennen zu lernen. Auch mit Hilfe des mitgebrachten
Bildmaterials wollen wir einmal schauen, wie das wunderbare und
besondere Leben Albert Hennigs verlaufen ist.
Er ist am Anfang des 20. Jahrhunderts in Leipzig geboren und hat
in seinem Lebenslauf, das will ich gleich zu Beginn betonen,
immer wieder Brüche und auch immer wieder Glück gehabt. Er
stammte aus einfachen proletarischen Verhältnissen in einer
Industrievorstadt von Leipzig, so wie sein Vater lernte er
Betonarbeiter und arbeite auch als solcher. Dann kam in den
zwanziger Jahren die Arbeitslosigkeit. Nun hatte er das erste
Mal Glück, er hat seine spätere Frau Edit kennen gelernt.
Das Besondere für Hennigs Entwicklung war, dass sie aus dem
gutbürgerlichen Milieu stammte, ihr Vater war Lehrer, ihre
Mutter war Landtagsabgeordnete in Leipzig. Dadurch erhielt
Albert Hennig Zugang zu Kunst und Literatur, zu Gedanken, die
sich Menschen über die Welt und das Leben machen.
Angeregt von Edits Eltern und natürlich auch von dieser selbst
beginnt er Ende der zwanziger Jahre zu fotografieren. Er erhielt
von der SPD Leipzig den Auftrag, eine Bilderserie zum Thema
Kinder der Straße zu schaffen. Damals lebten viele Kinder auf
der Straße, waren obdachlos. Diesen Zustand hat Hennig auf
einmalige Weise fotografisch dargestellt. |
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Dann kam ein weiterer Glücksfall. Seine Frau las in einer
Zeitschrift über das ?Bauhaus?, das künstlerisch talentierte
Leute aufnimmt und fördert, egal welcher sozialen Herkunft sie
sind und egal, über welche finanziellen Möglichkeiten sie
verfügen. Sie hat Hennig bewogen, sich am Bauhaus zu bewerben,
eben mit dieser Fotoserie.
Das war das Jahr 1932. Albert Hennig wurde am Bauhaus angenommen
und bekam sogar ein Stipendium. Als ehemaliger Volksschüler kam
er nun in einen Kreis von Intelektuellen und Künstlern, in ein
für ihn völlig neues Umfeld und hat dort dennoch Resonanz und
Beachtung gefunden. Er wollte am Bauhaus Fotograf werden und
ging daher in die Reklameklasse. Dieser Ausbildung lag am
Bauhaus aber auch eine ganz profunde handwerkliche Ausbildung
zugrunde. Das waren zu einem das Handwerk des Fotografen und zum
anderen das Zeichnen.
1932 wurde das Bauhaus in Dessau geschlossen und hatte dann noch
einen kurzen Ver- such der Weiterexistenz in Berlin, an dem auch
Albert Hennig teilnahm. 1933 war dann das bittere Ende des
Bauhauses insgesamt, für Hennig ein ganz einschneidendes
Erlebnis.
Jetzt hatte er wiederum Glück, er kam in Arbeit und wurde
während des gesamten Krieges nicht zum Militärdienst eingezogen,
weil er als Betonarbeiter am Bau kriegswichtiger Objekte
beteiligt war. In dieser Zeit hat er infolge der Beeinflussung
durch das Bauhaus vor allem gezeichnet, wo er ging und stand.
Allerdings hat er nie wieder fotografiert.
Das heißt, die Fotografien dieser Ausstellung sind alle aus den
Jahren 1928 bis 32, wobei die Auswahl in erster Linie davon
abhing, welche Fotografien nach der Zerbombung seiner Wohnung in
Leipzig noch übrig waren, es waren insgesamt nur 44 Motive.
Alles andere lag in Schutt und Asche, was leider auch sein
gesamtes Frühwerk aus der Bauhauszeit betrifft. Seinen
ursprünglichen Plan, als Fotograf in der Reklame zu Arbeiten,
hat er aufgegeben.
Beim Zeichnen verfolgte er zweierlei Richtungen, das
gegenstandslose, freie Zeichnen und parallel dazu das
figürliche, das gegenständliche Zeichnen, einschließlich des
Porträts.
Die Zeichnungen bildeten für ihn immer die Grundlage, auch die
Grundlage für seine Aquarelle.
Er war nie unterwegs ohne sein Skizzenbuch, und stets bestrebt,
durch ständige Übung, wie der Musiker auch, die Virtuosität des
Zeichnens zu vervollkommnen.
Dem kleinen Format blieb er treu, es geht über DIN A 3 nicht
hinaus, was für mich auch mit seinem Lebensgefühl zusammenhängt,
denn er hat sich ja nie als Künstler verstanden. |
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Nach dem Ende des Krieges gingen Hennig und Edit, inzwischen
seine Frau geworden, nach Zwickau.
Hier engagierte er sich anfänglich im Verband Bildender Künstler
Deutschlands. Als er sich in der sogenannten Formalismusdebatte
heftigen Vorwürfen angeblich formalistischen Schaffens
ausgesetzt sah, entschied er sich, wieder als Betonarbeiter zu
gehen, wurde Brigadier und blieb dies bis zu seinem Rentenalter,
er hatte also von sich aus nicht das Selbstverständnis gehabt,
ein Künstler zu sein.
Natürlich hat er neben seinem Broterwerb auch immer gezeichnet,
aquarelliert und in Pastell gearbeitet. Kurzzeitig widmete er
sich der Druckgrafik, schuf in den sechziger Jahren Holzschnitte
und einige Lithografien. Sein Hauptwerk besteht aber aus
Aquarellen und Pastellen auf Papier im kleinen Format.
Das Glück bei Albert Hennig setzte sich fort. Als er 1972 in den
Ruhestand ging, begann für ihn ein neues Leben, nämlich das
eines Künstler, und das noch 25 Jahre lang bei bester Gesundheit
und bei bestem Verstand. Er ist also 90 Jahre alt geworden. In
diesen 25 Jahren hat er noch ein umfangreiches Werk geschaffen,
zum einen Landschaften und Porträts, zum anderen abstrakte
Kompositionen.
1989, also mit der Wende und mit dem Fall der Mauer, entstand
für Albert Hennig wieder eine neue Situation. Plötzlich
interessierte sich der Kunstmarkt für seine Arbeiten.
Er war schon gut in den achtziger Lebensjahren, als Galeristen
aus München und anderen Städten Westdeutschlands, aus Österreich
und aus der Schweiz sich für ihn interessierten, weil er einer
der letzten lebenden Künstler war, dessen künstlerischen Wurzeln
im Bauhaus lagen.
Für ihn war es eine späte Anerkennung seiner künstlerischen
Leistungen.
Besonderes Vergnügen bereitete ihm, gemeinsam mit seiner Frau
umherzureisen und seine Ausstellungen von Wiesbaden bis Zürich,
bis nach Graz usw. zu besuchen.
Trotzdem ist er bescheiden geblieben und hat zu seinem 90.
Geburtstag, den er noch bei sehr guter Gesundheit erlebt hat,
die Freude gehabt, dass ein Buch über ihn erschienen ist.
Der Band der Zeichnungen und eine Schweizreise waren noch
geplant, als er wiederum
Glück gehabt hatte. Er bekam 91järig einen Schlaganfall, schied
von heute auf morgen aus dem Leben, ohne krank oder gar
bettlägerig gewesen zu sein, ganz plötzlich und unerwartet
schied er aus einem phantastischen, gelungenem und vollendeten
Leben.
Seine Frau, die heute 99 Jahre alt ist, hat dann, als der
Schmerz des Verlustes verarbeitet war, sich entschlossen,
Hennigs künstlerischen Nachlass zu pflegen, wobei ich sie immer
wieder unterstützen konnte.
Nun bin ich bin froh, dass wir heute, quasi zum Anlass des
morgigen 100. Geburtstages Albert Hennig in Berlin mit einer
Ausstellung würdigen können. Die besten Grüße von Frau Edit
Hennig soll ich deshalb überbringen,
was ich hiermit gerne tue.
mit freundlicher Genehmigung von Herrn
Peter Hochel, © beim Autor |
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