Am 16. September 2007 feiert der Dresdner Bildhauer Gerd Jaeger
seinen achtzigsten Geburtstag.
Gerd Jaeger hat mit seinem Werk die figürliche Plastik in
Deutschland nach 1945 mitgeprägt. Anknüpfend an die archaischen
Formenverknappung und strengen Bewegungsbindungen der Arbeiten
von Gerhard Marcks, Ludwig Kasper und besonders von Hermann
Blumenthal hat Jaeger sich auch schon in den fünfziger Jahren
mit den künstlerischen Neuerungen Henry Moores oder Marino
Marinis auseinandergesetzt. So bildet er sein empfindsames
Einfühlungsvermögen in formale Werte aus, findet große
plastische Formen, reduziert und vereinfacht, weit entfernt von
einem auf das Abbildhafte orientierte Realismus-Verständnis, wie
es in den fünfziger und sechziger Jahren im Osten Deutschlands
als verbindlich deklariert und praktiziert wurde.
Trotz offizieller Kritik an Jaegers Bestreben, sich mit der
klassischen Moderne künstlerisch auseinanderzusetzen, ist er in
jenen Jahren einer der wenigen Bildhauer im Osten Deutschlands,
die unbeirrt diesen Weg beschreiten und so ihre eigene
plastischen Formensprache gewinnen.
Auch seine Lehre, die er ab 1963 als Dozent und von 1971 an als
Professor an der Hochschule für bildende Künste in Dresden
ausübt, ist von dieser Grundeinstellung geprägt.
Jaegers Motivwahl beschränkt sich in den fünfziger und
beginnenden sechziger Jahren auf entspannte Situatio- nen
glücklichen oder nachdenklich in sich ruhenden Daseins. Das mag
mit dem Gefühl relativer Entspannung nach dem zweiten Weltkrieg
zu tun haben, den Jaeger noch als Soldat erlebt hat. Danach war
er in russischer Kriegsgefangenschaft.
Unter dem Einfluss zeitgeschichtlicher Erlebnisse der späteren
sechziger Jahre setzt ein deutlicher Wandel der Themen und des
Stils ein. Die Erlebnisse des Krieges und der Gefangenschaft
drängen in den Vordergrund. Die Figuren werden scharfkantig und
spröde, die Oberfläche rauh. Räumlich gegeneinander verstellte
Flächen erzeugen die beabsichtigte tragische Spannung.
Ende der siebziger Jahre findet Jaeger seinen bis heute
anhaltenden Formenkanon der spannungsvollen Abfolge gedehnter
und komprimierter Wölbungen zwischen gliedernden Zäsuren. So
entstehen rhythmische Bewegungen innerhalb einer streng gebauten
Figur. Diese wird weitgehend ein abstrakt-idolhaftes Zeichen.
Trotz der Rückbesinnung auf die Schönheit des Lebendigen ist ein
Ausdruck permanenter Beunruhigung als ein wesentliches Merkmal
der Jaegerschen Plastik zu konstatieren.
»Auch in unserer Zeit bleibt es aktuell und notwendig, vom Drama
des Menschen zu berichten«, schreibt er 1974 in sein Tagebuch.
Neben dem plastischen entsteht bei Jaeger auch ein umfangreiches
zeichnerisches Werk von großer Selbstän- digkeit, das jedoch die
Verwobenheit mit der Skulptur überall erkennen lässt.
Das Zeichnen ist für Jäger die Entwicklung von Ideen und ihren
Variationen, er schafft mit ihnen das strukturelle Gerüst der
Plastik und kontrolliert deren verschiedene Ansichten. Es
entstehen über den nie versiegenden Strom von Werkskizzen auch
ins Monumentale gesteigerte Variationen wechselnder Ansichten
und Bewegungen der Figuren, als abstrakte Struktur. Jaeger
spricht in diesem Zusammenhang auch von der Figuration und nicht
von der Figur im Sinne der Formabwandlung auf dem Wege zu Dauer
und Gültigkeit.
Ab 1949/95 wendet sich Gerd Jaeger verstärkt der Malerei zu. Es
entstehen vor allem farblich stimmungsvolle Aquarelle, an
Landschaften erinnernd oder auch rein informell.
Einige Beispiele dieser Arbeiten sind ebenfalls in der
Ausstellung zu sehen.
Für eine Galerie, die sich den großen Traditionen der deutschen
Bildhauerkunst der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts
verschrieben hat, liegt es nahe, dem Bildhauer Gerd Jaeger aus
Anlass seines achtzigsten Geburtstages eine Ausstellung in
Berlin zu widmen.
Der wohl bekannteste Student Gerd Jaegers, der Berliner
Bildhauer Wieland Förster, wird die Laudatio zur Vernissage
halten. |