Nicht viele erinnern sich an den Bildhauer Robert Riehl, der
schon 1976, im Alter von 52 Jahren an einem Krebsleiden
verstorben ist.
Der frühe Tod, seine Invalidität infolge eines Verkehrsunfalls,
insbesondere aber seine bohemehafte Lebensweise haben dazu
geführt, dass nur ein kleines bildhauerisches Werk entstanden
war, klein von der Menge her, klein aber auch in Bezug auf die
Dimensionen, denn monumentale Skulpturen konnte Riehl nach dem
Verkehrsunfall nicht mehr schaffen.
Klein blieben die Plastiken sicher auch, weil ihm durch die
herrschende Kulturpolitik der SED die Anerkennung versagt blieb.
Sein Entwurf innerhalb eines Kollektivs der Bauakademie für ein
Mahnmal des KZ Buchenwalds erhielt zwar im Wettbewerb den ersten
Preis, wurde aber nicht ausgeführt, der Auftrag zur Schaffung
von vier Großplastiken
für die Magistrale der neu erbauten Stadt Stalinstadt (heute
Eisenhüttenstadt) wurde ihm entzogen, weil seine Entwürfe
unzureichend ?sozialistisch realistisch? waren und die
Ausstellung »Junge Kunst – Grafik und Plastik«, die von Fritz
Cremer initiiert war und an der Riehl sich beteiligt hatte,
wurde von den SED-Kulturfunktionären massiv angefeindet.
Durch seine Invalidenrente finanziell abgesichert verzichtete
Riehl fortan auf Ausstellungen und Aufträge, er widmete sich
kleinen, unideologischen und unproblematischen Arbeiten.
Dabei begann die Entwicklung von Robert Riehl so hoffnungsvoll.
Er hatte von 1940 bis 43 an der Akademie der Schönen Künste in
München bei Josef Thorak, der mit seinen monumentalen Plastiken
im Dritten Reich berühmt geworden war, Bildhauerei studiert,
ohne dabei Schaden zu nehmen.
1951 bewirkte dann Gustav Seitz, dass Riehl zu ihm als
Meisterschüler an die Akademie der Künste Berlin (Ost) kommen
konnte.
Der Bildhauer Werner Stötzer, gleichzeitig Meisterschüler bei
Gustav Seitz, schreibt darüber: »Riehl war als Bildhauer
Meisterschüler bei Gustav Seitz. Das war zu der Zeit ein
Privileg. Leider nutzte er es nicht, er küsste zu viel und
spielte noch höher.« (Katalog des Städtischen Museums
Eisenhüttenstadt)
Dennoch hat er einige bemerkenswerte Plastiken hinterlassen, z.
B. »Gefallener Krieger«, 1972/75, über die der Kunsthistoriker
Dr. Heinz Schönemann im gleichen Katalog schreibt: »Besonders
blieb die Gestalt eines sterbenden Soldaten in Erinnerung,
dessen Zusammenbrechen auf eine solche imaginäre Mitte bezogen,
eine beeindruckende Dynamik entwickelte.« Und über Riehls »Große
weibliche Figur« schrieb er: »Noch Jahre später erregte es
Aufsehen, wenn ich bei Vorträgen über Berliner Bildhauerei ein
Diapositiv dieser Figur zeigte, dieser übermächtigen schwebenden
Kugel, aus der heraus sich Leib und Glieder als zentrifugale
Kräfte den Raum erobern.«
Der Initiative der Ingeborg Hunzinger war es zu verdanken, dass
wenigstens diese Plastik von Robert Riehl nach seinem Tode im
Treptower Park in Berlin öffentlich aufgestellt wurde. Später
beschädigt, nun wieder restauriert steht sie jetzt als Leihgabe
im Städtischen Museum Eisenhüttenstadt.
Aus der Zeit in Stalinstadt ist die Plastik »Maurer«
übriggeblieben, inzwischen restauriert und in Eisenhüttenstadt
aufgestellt. In seiner Jungenhaftigkeit und dem unrevolutionären
Pathos erinnert sie an das Denkmal Heinrich Heines von Waldemar
Grzimek, das eben in dieser Zeit aus den gleichen Gründen auf
Geheiß der SED-Funktionäre nicht – wie geplant – im
Kastanienwäldchen hinter der Neuen Wache in Berlin aufgestellt,
sondern in den Park am Weinbergsweg verbannt wurde.
Man stieß auf die Arbeiten von Riehl, wenn man die Bildhauerin
Ingeborg Hunzinger in Rahnsdorf besuchte, denn im Jahre 1968
hatten beide geheiratet, nachdem sie schon gemeinsam
Meisterschüler an der Akademie der Künste Berlin gewesen waren,
Ingeborg Hunzinger bei Fritz Cremer.
Die Vorbereitung dieser Ausstellung brachte aber noch eine
zweite Entdeckung zu Tage: die frühe Malerei der Bildhauerin
Ingeborg Hunzinger, die, inzwischen 91jährig, 1995 mit der
Aufstellung des Denkmals »Frauenprotest in der Rosenstraße«, ein
Figurenensemble aus Rochlitzer Porphyr im Gedenken an jene
arischen Frauen, die 1943 lautstark, mutig und erfolgreich gegen
die Verhaftung und die beabsichtigte Deportation in verschiede
Lager ihrer jüdischen Männer protestiert hatten, ihr
künstlerisches Hauptwerk vollendet hat.
Ihr Großvater, Philipp Franck, Mitglied der von Max Liebermann
gegründeten Berliner Secession, wohnhaft in Berlin-Wannsee, war
ein frühes Vorbild für Ingeborg Hunzinger, sich mit Malerei zu
befassen. Sie neigte aber eher zum schnellen Aquarell, als zur
mehr Zeit in Anspruch nehmenden Ölmalerei des Großvaters.
Später, während ihrer Emigration nach Italien traf sie in
Florenz den Maler Helmut Ruhmer aus Halle, der in der Villa
Romana ein Stipendium hatte. Mit ihm ging sie dann nach
Sizilien, lebte mit ihm, bis er, 1945 noch zum Militär
eingezogen, im Kriege fiel. Auf Sizilien ist auch eine Reihe
bemerkenswerter Bilder der Ingeborg Hunzinger entstanden.
Diese frühen Bilder der Bildhauerin Ingeborg Hunzinger werden
nun erstmals in der Öffentlichkeit präsentiert, zusammen mit dem
bildhauerischen Werk Robert Riehls.
Dieses wurde in jahrelanger Arbeit zusammengetragen, zum Teil
restauriert und in Bronze gegossen von der Medizinerin Dr.
Hildegard Gräfe. Dank Ihrer Initiative und Leidenschaft ist es
heute möglich, sich des Bildhauers Robert Riehl zu erinnern und
durchaus zu sehen, dass er nicht nur ?zu viel küsste?.
Der Dank des Galeristen gilt Frau Dr. Hildegard Gräfe für ihre
Initiative und umfangreiche Vorarbeit zu dieser Ausstellung.
Zum Werk Robert Riehls wurde vom Städtischen Museum
Eisenhüttenstadt ein Katalog herausgegeben, der in der
Ausstellung erworben werden kann, Informationen und weitere
Publikationen hier. |